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Wie steht es um das Schweizer Asylwesen?

Der Versuch einer sachlichen Auslegeordnung

Migration, Polarisierung, Wahlen 23, Nationalratswahlen

Bei der ganzen Polemik, welche zwecks Wahlkampf rund um die Asylpolitik betrieben wird, sollten wir uns vergegenwärtigen, dass niemand seine Heimat leichtfertig verlässt. Flüchten oder migrieren zu müssen, bedeutet eine grosse Zäsur in der Biografie eines Menschen.


Die Flucht als solche ist für viele mit traumatischen Erlebnissen verbunden. Davon erzählen Überlieferungen von Schweizer:innen, welche wegen Hungersnöten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre Heimat verlassen mussten, Flüchtlingsberichte nach dem ersten und zweiten Weltkrieg, Freunden und Bekannten, welche aus Ex-Jugoslawien zu uns geflüchtet sind und aktuell Schilderungen ukrainischer Flüchtlinge.


Die polemische Aussage der SVP «Es kommen zu viele und die Falschen!» wird nicht besser, weil sie gebetsmühlenartig wiederholt wird. Wann jemand Flüchtlings-Status in unserem Land erhält, ist seit 1955 in der Genfer Flüchtlingskonvention klar geregelt. Damit stellt sich auch die Frage nicht, wie viele Asylsuchende die Schweiz jährlich maximal aufnehmen soll.


Neben der Genfer Flüchtlingskonvention ist für die Schweiz das Dublin-Abkommen rechtlich bindend. Es stellt fest, welcher Staat für die Prüfung eines Asylgesuchs zuständig ist. Es ist seit Langem klar, dass das Dublin-Abkommen für die Staaten an der aussereuropäischen Grenze nicht funktioniert. Deshalb muss es dringend an die reale Situation angepasst werden (EU-Asylreform kurz vor Abschluss, Sept. 23). Hier ist auch die Unterstützung der Schweiz gefragt.


Zuflucht in die Schweiz in Zahlen


Seit 2010 wurden jährlich durchschnittlich 21'500 Asylanträge in der Schweiz gestellt, der Peak lag mit knapp 40'000 Anträgen im Jahr 2015. 2023 werden es gemäss Prognosen des Bundes 27'000 (Fehlerbereich ±3'000) sein, 2022 waren es 17’599. Die ukrainischen Flüchtlinge mit Schutzstatus S werden nicht mitgerechnet. Die sogenannte Schutzquote (vorläufig Aufgenommene und positive Asylentscheide) betrug 2022 rund 60%. Das bedeutet, dass im vergangenen Jahr etwas mehr als 10'000 Menschen aus abgeschlossenen Asylverfahren definitiv oder vorläufig in der Schweiz leben dürfen.


Jährlich durchschnittlich 10'000 Menschen aufzunehmen und zu integrieren, die nachweislich in ihren Heimatländern aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Religion oder ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe verfolgt werden, sollte für unser Land eine lösbare Aufgabe sein. Und wir täten gut daran, die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge in Relation zu setzen.


Die von der Wirtschaft gewünschte und gesuchte Arbeitsmigration beträgt aktuell rund 80'000 Personen (Nettozuwanderung) und wird in den kommenden Jahren wohl über 100'000 Personen liegen (siehe dazu auch mein Blog-Beitrag zum Thema Migration). Die drohende «10-Millionen-Schweiz» der SVP wird also nicht durch die Aufnahme von Flüchtlingen erreicht, sondern durch aktiv im Ausland angeworbene Arbeitskräfte, welche dann unter anderem auch bei der EMS-Chemie, der Emil Frey AG, der Helvetischen Bank und bei der Swiss Life arbeiten werden. Dass dieses von den Firmen dringend benötigte ausländische Personal nicht allein in die Schweiz umzieht, sondern meist mit Familie, ist selbstredend.


Wenn man die «10-Millionen-Schweiz» nicht möchte, muss man erstens dringend das Inländer:innen-Arbeitspotenzial nützen – da gehören auch Geflüchtete dazu. Und zweitens wäre ein echter Schub in der Digitalisierung hilfreich (siehe dazu mein Blog-Beitrag zum Thema Fachkräftemangel).

 

2020: Rund 10'000 vorläufige oder definitive Aufnahmeentscheide


Weltweit sind über 80 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon sind fast 50 Millionen Binnenflüchtlinge, d.h. sie verlassen ihren Heimatstaat auf der Flucht nicht und fallen damit nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention. Von den 30 Millionen Menschen, die ihren Heimatstaat aufgrund von Verfolgung, Krieg, Hunger oder wegen des Klimawandels verlassen, finden über 70% Asyl in einem Nachbarland. Nur wenige wagen die Weiterreise über die Nachbarländer hinaus. 2020 stellten mit 490’000 weniger als 2% der weltweit Flüchtenden (ohne Binnenflüchtlinge) in Europa ein Asylgesuch. Die Schweiz behandelte 2020 17’223 Asylgesuche, davon – und von den weltweit 30 Millionen Menschen, die ihr Heimatland verlassen mussten – erhielten schliesslich etwas über 10'000 Asylsuchende einen vorläufigen oder definitiven Aufnahmeentscheid der Schweiz.

Bild: Henrique Ferreira via Unsplash

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Herzlichst, Claudia Bodmer-Furrer

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